Präferenzbasierte, schichtenübergreifende Transitionen autonomer Knoten
Das Teilprojekt B3 entwickelt neuartige Algorithmen zur dezentralen Analyse und Planung von Transitionen in Kommunikationssystemen aus einer schichtenübergreifenden, ökonomischen Perspektive unter Einbeziehung empirisch erhobener Teilnehmerpräferenzen. Die Annahme dabei ist, dass Knoten am Rande des Internets individuell und autonom entscheiden, ob sie Transitionen zwischen verschiedenen Mechanismen ausführen. Die entwickelten Algorithmen werden analytisch, simulativ und experimentell am Beispiel schichtenübergreifender Anwendungsfälle in drahtlosen Netzen software-definierter autonomer Knoten am Netzrand untersucht mit besonderem Fokus auf proaktive Transitionen und Koexistenz von Multi-Mechanismen.
Das Teilprojekt B3 erforscht Transitionen in Kommunikationssystemen aus einer ökonomischen Perspektive.
Dabei werden Mechanismen in einem Overlay-Netzwerk und in den darunter liegenden Schichten des Underlays gemeinsam betrachtet, wobei der Fokus auf drahtlosen Netzwerken am Rand des Internets liegt, wie Mobilfunkoder Multi-Hop-Netzwerke. In solchen Netzwerken kann es, z.B. aufgrund des hohen Koordinationsbedarfs und der hohen Frequenz an benötigten Transitionen für Mechanismen im Underlay, ineffizient sein, Transitionen in einer zentralen Kontrolleinheit zu planen. Ausgangspunkt ist daher die Annahme, dass die Knoten eines Netzes autonom entscheiden, ob sie eine Transition zwischen funktional äquivalenten Mechanismen durchführen. Jeder Mechanismus verspricht dabei für die Knoten einerseits einen bestimmten Nutzen und ist andererseits mit entsprechenden Kosten verbunden. Mithilfe einer lokalen Nutzenfunktion bewertet und vergleicht jeder Knoten individuell die verschiedenen Mechanismen. Das autonome Verhalten der Knoten kann dazu führen, dass lokal durchgeführte Transitionen aus globaler Sicht ineffizient sind. Dies ist der Fall, wenn die lokalen Nutzenfunktionen der einzelnen Knoten im Konflikt mit der globalen Nutzenfunktion des Gesamtnetzwerks stehen.
In Phase I von MAKI wurden dezentrale Algorithmen entwickelt, die die lokale Nutzenbewertung der Knoten
durch Anreize so verändern, dass die Knoten Entscheidungen treffen, die im Sinne des Gesamtnutzens des Netzwerks sind. Das hauptsächlich betrachtete Szenario in Phase I lag im Bereich des verteilten Video-Streamings. Im Bereich des Underlays wurden hierfür dezentrale Algorithmen für die energieeffiziente Verteilung von Daten auf Basis spieltheoretischer Methoden entwickelt. Im Bereich des Overlays wurden Algorithmen für adaptives Video-Streaming sowie Algorithmen für Anreizsysteme in verteilten Video-Streaming-Anwendungen, auch unter Einbeziehung der Virtualisierung von Ressourcen, entworfen. Des Weiteren wurden ein Simulationsmodell für Transitionen in Video-Streaming-Anwendungen und eine Quality-of-Experience-Messmethodik entwickelt, welche die Evaluation obiger Algorithmen ermöglichen. Um die spezifischen Anforderungen aus sowohl Underlay als auch Overlay gemeinsam zu berücksichtigen, wurde zudem ein schichtenübergreifendes Modell entworfen. Ein weiteres betrachtetes Szenario lag im Bereich des Zugriffs mobiler Knoten auf Cloud-Dienste, in welchem Transitionen zwischen lokaler Berechnung vs. Delegation der Berechnung an einen Cloud-Dienst sowie die Bereitstellung von populären Inhalten in lokalen Servern in drahtlosen Netzwerken untersucht wurden. Hier wurden zentrale und dezentrale Algorithmen auf Basis spieltheoretischer und lernbasierter Methoden entwickelt, die zu einer Wahl energieeffizienter Mechanismen der Knoten führen.
In Phase II wird der schichtenübergreifende, ökonomische Blickwinkel auf die dezentrale Analyse und Planung von Transitionen erweitert, indem in lokalen Nutzenfunktionen und Anreizsystemen zusätzlich Umgebungsbedingungen und empirisch erhobene Teilnehmerpräferenzen berücksichtigt werden. Die lokale Nutzenbewertung der Knoten bezieht hierbei einerseits zusätzlich Informationen aus Umgebungsbedingungen mit ein, die für die Entscheidung über Transitionen relevant sind. Um realistische und aussagekräftige lokale Nutzenfunktionen zu erstellen, werden andererseits Teilnehmerpräferenzen in großzahligen Teilnehmerstudien mithilfe entsprechender Methoden aus der Marktforschung erhoben. Dazu ist es zunächst notwendig, technische Merkmale zu Konzepten zu abstrahieren, die den potenziellen Teilnehmern solcher Netzwerke verständlich sind. Die erhobenen Teilnehmerpräferenzen werden anschließend in die Modellierung der Nutzenfunktion und in die Transitionsentscheidungen mit einbezogen. Die schichtenübergreifende, dezentrale Analyse und Planung wird um die folgenden Aspekte erweitert: Erstens werden im Bereich Proaktivität die Anforderungen an Transitionen in sich über die Zeit ändernden Netzwerken untersucht. So können Knoten Erfahrungen aus vergangenen Transitionen nutzen, um zukünftige Transitionen optimal zu gestalten. Zudem können beobachtete Änderungen im Netzwerk zur proaktiven Einleitung von Transitionen verwendet werden. Zweitens werden im Bereich software-definierter autonomer Knoten die Prinzipien software-definierter Kommunikationssysteme auf autonome Knoten übertragen. Die Programmierung adäquater lokaler Nutzenfunktionen wird dabei als verteilter Koordinationsansatz verstanden, der den unterschiedlichen Fähigkeiten der Knoten gerecht wird. Dies ermöglicht, Teilnehmerpräferenzen in die lokale Nutzenbewertung sowohl offline durch empirische Erhebung, als auch online durch interaktive Schnittstellen mit einzubeziehen. Drittens werden die Anforderungen an Transitionen untersucht, die sich aus der Koexistenz von Multi-Mechanismen vor dem Hintergrund zeitgleich ausgeführter Applikationen ergeben, etwa durch daraus resultierende, in Konflikt miteinander stehende Ziele und Konkurrenz bei der Ressourcenverteilung. Die entwickelten Lösungen werden analytisch sowie simulativ und experimentell am Beispiel schichtenübergreifender Anwendungsfälle untersucht.
Innerhalb des SFB MAKI liefert das Teilprojekt B3 somit dezentrale Analyse- und Planungslösungen für autonome Endgeräte. Unter zusätzlicher Einbeziehung von Teilnehmerpräferenzen ermöglicht das Teilprojekt daher eine effiziente und realistische Anwendbarkeit proaktiver Transitionen für koexistente Multi-Mechanismen in drahtlosen Netzen software-definierter autonomer Knoten.
Teilprojektleitende B3
- Prof. Dr.-Ing. Anja Klein
- Prof. Dr. Bernd Freisleben
- Prof. Dr. Oliver Hinz