A03: Migration

Schichtenübergreifende Zustandsmigration für effiziente Transitionsunterstützung

Moderne verteilte Kommunikationssysteme bestehen aus einer Vielzahl von Protokollen und Mechanismen auf unterschiedlichen Schichten. Um immer die gewünschte Qualität zu gewährleisten ist die Anpassungsfähigkeit der Protokolle und Mechanismen an die sich ändernden Umgebungsbedingungen von essenzieller Bedeutung. Dies wird beispielsweise erreicht, indem statisch oder dynamisch einzelne systeminterne Module und Mechanismen geändert, angepasst oder ersetzt werden. Beispiele für solche Mechanismen sind vielfältig und erstrecken sich über alle Protokoll- und Systemschichten, wie die folgende Auswahl möglicher Mechanismen zeigt:

  • komplette Protokolle: TCP, UDP, RTP, Overlays etc.
  • feingranulare Protokollmechanismen, wie Staukontrolle, Fragmentierung, Lastverteilung, Replikation etc.
  • Netzkonzepte, wie infrastrukturbasiert, Ad-hoc, teilvermascht, verzögerungstolerant (DTN) etc.
  • Netztechnologien, wie Ethernet, LTE, IEEE 802.11, Bluetooth etc.
  • Sicherheitsmechanismen, wie Verschlüsselung, Integritätsschutz, Authentifizierung etc.
  • Systemkomponenten, wie Positionsbestimmung (per WLAN, GSM oder GPS), Sensorik etc.

Eine Transition erfolgt, wenn der Übergang von einem Mechanismus MAn zu einem zweiten, semantisch ähnlichen Mechanismus MBneine bessere Qualität verspricht. Die Migration von MAn nach MBnfindet im Normalfall innerhalb der Schicht n statt. Es ist zu erwarten, dass der neue Mechanismus MBn langfristig – im eingeschwungenen Systemzustand – die Qualität verbessert, zunächst aber seine Funktionalität noch nicht mit der gewünschten Effektivität erbringen wird, weil er eine gewisse Zeit zum „Warmlaufen“ und zur Anpassung seiner Parameter an die aktuellen Bedingungen benötigt. Wird ein P2P-Overlay-Protokoll ersetzt, so müssen beispielsweise die Nachbarschaftsinformationen der Knoten und deren Distanz neu ermittelt, die Hashfunktion (zur Schlüsselgenerierung) ausgetauscht und der Lastverteilungsmechanismus angepasst werden.

Durch die semantische Ähnlichkeit der auszutauschenden Mechanismen verfügt der aktuell verwendete Mechanismus MAnsehr wahrscheinlich über Informationen, die in der Initialisierungsphase von MBn hilfreich sein können. Ein zentrales Ziel dieses Teilprojekts ist daher die Verkürzung der Initialisierungsphasen neuer Mechanismen, indem untersucht wird, welche bereits vorhandenen Informationen IAn des alten Mechanismus MAn für den neuen Mechanismus MBn hilfreich sind und wie diese übergeben (migriert) werden können. Als Analogie kann diese Zustandsmigration als eine Art „Warmstart“ des neuen Mechanismus MBn mit Hilfe der Zustandsinformationen des alten Mechanismus MAn und ggf. weiterer Informationen des Systems betrachtet werden.

Bei der Zustandsmigration werden Information IAn des Mechanismus MAn sowie ggf. weitere Information I*n auf Schicht n in den so genannten System Information Service (SIS) übertragen. Von dort kann der neue Mechanismus MBn diese abrufen und, falls benötigt, mit einfachen Standardoperationen als Warmstartinformationen IBnim neuen Mechanismus MBn nutzen. Damit wird erreicht, dass MBn(1) nicht erneut neu konfiguriert werden muss, (2) nützliche Zustände vom System Information Service beziehen und geeignet adaptieren kann, und (3) der System- bzw. Netzkontext im Idealfall nicht erneut vollständig erfasst werden muss. Neben der Identifikation relevanter Zustandsinformationen I*n werden auch Verfahren entwickelt, welche (1) die systematische Extraktion dieser Informationen, (2) deren Verwaltung und Speicherung im SIS und (3) deren einfache Adaption und Transformation ermöglichen.

Neben der eigentlichen Migration von Zuständen einer Transition auf einer Schicht n (im Folgenden als horizontale Transitionsunterstützung bezeichnet) werden als zweites zentrales Forschungsziel in diesem Teilprojekt die Einflüsse eines solchen Wechsels auf andere Protokolle und deren Mechanismen untersucht, so dass diese erkannt, abgeschätzt und im Vorfeld berücksichtigt werden können. Diese Einflüsse sind nicht nur zwischen Mechanismen einer Schicht des Systems zu finden, sondern verursachen schichtenübergreifende Wechselwirkungen. Daher ist eine schichtenübergreifende (Cross-Layer-)-Koordination beim Wechsel (im Folgenden als vertikale Transitionsunterstützungbezeichnet) zwischen verschiedenen Mechanismen unumgänglich. Beide Aspekte dienen der Transitionsunterstützung und sind Bestandteile eines e?ektiven Strategiewechsels adaptiver Kommunikationssysteme; die Entscheidung zur Durchführung einer Transition wird hierbei von Teilprojekt B02 gefällt und signalisiert.

Teilprojektleitende A03

  • Prof. Dr.-Ing. Matthias Hollick
  • Prof. Dr.-Ing. Klaus Wehrle